Es fehlt etwas, wo Gott fehlt
Aus Mangel entsteht Veränderung. Deshalb werden Lösungen (leider) erst dann gesucht, wenn der Leidensdruck hoch genug ist. Das ist schade. Festhalten ist ein Sicherungsinstinkt und wer nach vorne schaut, muss sich oft daran abarbeiten.
War es früher besser? Im Archiv der Heiligen wird von Ähnlichem berichtet. Der Heiligen Gallus etwa. Er war ein „Macher-Typ“. Wer es mit einem Bären aufnimmt, so berichtet die Legende, vertraut auf Gott und hat vor nichts Angst. Zuversicht und Glaubensstärke waren vermutlich auch die Eigenschaften, die Gallus zusammen mit den anderen Allgäuheiligen Magnus und Columban benötigt hat. Denn sie hatten etwas Neues im Gepäck. Alt gegen neu, bewahren gegen erneuern. Es sind zwei Pole, mit denen auch Gallus kämpfte. Am 16. Oktober war sein Gedenktag.
Stellen wir uns vor, dass die drei heute unterwegs sind:
C.: Wie schön es im Allgäu ist. Grüne Wiesen, Berge, der Himmel darüber. M.: Wir sind nicht zum Urlaub hier. Unser Auftrag heißt „Christus bezeugen“ und Menschen von ihm überzeugen. G.: So geht das nicht. Menschen lassen sich nicht überwältigen. Ich möchte lieber inspirieren, einen Anstoß geben und Ansehen schenken. C.: Das kann doch jeder von sich behaupten. Wo bleibt da unser Profil? Wir dürfen den Kern nicht verlieren. G.: Das lässt sich leicht sagen. Was ist unser Kern? Ich erinnere mich an einen der gesagt hat, dass er der Weg ist. Wenn wir also Schritt für Schritt gehen – in seinen Spuren – dann sind wir doch am Kern. M.: Dann sag uns doch mal, was sein Weg war. G.: Du kannst es nachlesen. Viele dicke Bücher wurden geschrieben. Die Gelehrten streiten sich, wer Recht hat. Sein Weg für mich? Er ist losgegangen. Also lasst uns losgehen. Er hat das Alte geschätzt. Lasst uns dafür Respekt zeigen. Und er hat sich Ruhe-Orte gesucht. Dort war er da, hat von seinem Gott erzählt. Er hatte zu Trinken und zu Essen. Hat es geteilt und hat gesegnet. C.: Er hatte ein gutes Gespür für seine Zeit. M.: Stimmt. Das brauchen wir auch für unsere Zeit. Lasst uns Ruhe-Orte bauen, zu denen Menschen gern kommen. Dort gibt es mindestens ein Glas Wasser und jemand, der zuhören kann. Wer kommen mag, kommt vorbei. Wer Gottes Segen wünscht, den segnen wir. Denn es fehlt etwas, wo Gott fehlt. G.: So ist es. Das ist ein wunderschöner Anfang.
Benjamin Sigg
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